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Anspruchsvolle Elterngespräche führen

Liebe Leserinnen und liebe Leser


Anspruchsvolle Elterngespräche kommen leider doch immer wieder vor. Entweder man weiss im Vorhinein, dass es schwierig werden wird oder die Stimmung verändert sich während des Gesprächs schlagartig. Das erstere ist das bessere Übel, da man sich darauf vorbereiten kann. Ziel: Diese trotzdem konstruktiv und wirkungsvoll zu führen.




Eines der schwierigsten Elterngespräche, das ich geführt habe, konnte ich im Vorhinein vorbereiten. Die Eltern des Kindes standen mitten in einer schwierigen Scheidung. Das Kind verhielt sich in der Schule immer auffälliger und gleichgültig in Bezug auf den Blödsinn und somit die Sanktionen, das es erhielt. Hätte ich von der familiären Situation nicht Bescheid gewusst, wäre er Stammgast bei der Direktorin geworden, doch ich habe viele kleinere Gespräche mit ihm geführt, woraus sich herausstellte, dass es ihm eigentlich nicht so gut ging. Ich wusste also, dass das Gespräch schwierig werden würde, weil ich den Eltern erklären musste, dass er in der Schule auffällig geworden ist und dies eigentlich wegen den Eltern. Am liebsten hätte ich ihnen natürlich geraten, sich nicht vor den Kindern so zu streiten und zu beschimpfen, aber ich durfte mich ja nicht privat einmischen. Daher musste ich die Taktik ein wenig ändern und mich wirklich nur auf das Kind beziehen. Ich bereitete mich also so vor, dass ich den Eltern erklären würde, dass sich die Leistung des Kindes verändert habe und es sich in der Schule häufig nicht mehr so konzentrieren könne. Dass er seither immer wieder Blödsinn macht, würde ich erst erwähnen, wenn die Eltern die erste Information gut aufnehmen und verarbeiten könnten. Ich hoffte, dass sie selber auf die Idee kommen würden, dass sie die Ursache dafür waren, aber konnte nicht davon ausgehen.

Ich sammelte aber auch ganz viele positive Punkte, um das Kind auch aufzuwerten, damit sein Selbstwertgefühl nicht bergab gehen würde.


Der Tag kam. Ich war gut vorbereitet. Ich war bereit. Es kam aber ganz anders, als ich erwartet hatte.

Schon beim Auslegen des Bildes über das Kind mischten sich die Eltern ein und wollten wahrscheinlich mir und dem Partner zeigen, was sie alles für das Kind gemacht haben. Mit Kommentaren wie: «Aber das kann doch nicht sein, wir haben doch zusammen so viel geübt und wir sind doch danach noch ins Freibad . Ich weiss ja nicht, was du bei deiner Mutter/deinem Vater in dem Fall gemacht hast.» oder «Das stimmt doch nicht, du hast es doch gut mit deinem Klassenkameraden. Wir sind doch gerade kürzlich zusammen ins Kino und ich habe ihn eingeladen.»

Die Eltern schienen sich gegenseitig zeigen zu wollen, dass sie besser sind als der andere und sich mehr um das Kind kümmern. Dabei ging es gerade in dem Gespräch ganz und gar nicht mehr um das Kind. Dabei sahen sie sich übrigens entweder böse oder gar nicht an.

Ich hatte Mühe uns aus dieser Situation zu manövrieren, bis ich ihnen einfach ehrlich sagen konnte, dass wir gerade am Kind vorbei reden und nicht über den Zustand in der Schule reden. Ich habe sie gebeten, ihrem Kind wieder zuzuhören und wahrzunehmen, was es zu sagen hat. Ab da war für einen kleinen Augenblick Ruhe und der Respekt wieder vorhanden.

Ich hatte es geschafft, sie zum Nachdenken anzuregen. Ich hoffte, dass es dabei bleiben würde. Nach einem guten Gespräch, bei welchem das Kind sich gut über seinen Zustand äussern konnte, kamen sie selber dann vorwurfsvoll auf das Thema der Konsequenzen für seinen anscheinend gemachten Blödsinn zu sprechen. Das Kind hatte den Eltern jeweils den Eltern die Konsequenz für sein Benehmen erzählt, aber bei der Erklärung über den gemachten Blödsinn einiges weggelassen. Dies war wieder ein harter Schlag für mich und ich wusste vorerst nicht genau, wie ich mich da wieder herausmanövrieren sollte.

Ich blieb ganz klar und ruhig und legte den Eltern also doch meine Vermutung dar. Ich erklärte ihnen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass das Kind unter den Umständen der Scheidung leiden würde und es sein Verhalten deshalb verändert habe. Er brauche irgendwo ein Ventil, um die Trauer und die Wut herauslassen zu können. Dass das Kind dann nicht die ganze Geschichte erzählt, lässt sich damit erklären, dass es die Liebe und den Stolz der Eltern ihm gegenüber nicht auch noch verlieren möchte. Sie standen beide mit offenem Mund da und hatten plötzlich einerseits das Gefühl sich verteidigen zu müssen, aber andererseits vor allem sahen sie beide verzweifelt aus. Sie wussten, was sie getan hatten, das konnte man den Gesichtern ablesen. Ab da verlief das Gespräch sehr gut und die Eltern verhielten sich respektvoll. Das Kind begann sich wohl und verstanden zu fühlen und die Eltern begriffen, was sie versuchen sollten anders zu machen. Daher ein grosser Erfolg für mich.


Fazit: Man kann sich noch so gut vorbereiten, das Gespräch kann sich immer noch in unterschiedliche Richtungen verändern.


Hier noch einige Tipps für schwierige Gespräche (Das sind natürlich nur Tipps von mir, denn auch wir lernen immer wieder neues dazu und sind bei weitem keine Meister.):

  • Wenn ihr das Gefühl habt, das Gespräch aus den Händen verloren zu haben, unbedingt darauf hinweisen, dass es um das Kind geht und wir die Meinung des Kindes einbeziehen sollen. Dann widmen wir dem Kind die Aufmerksamkeit und können so weitere positive Schritte eingehen.

  • Falls man schon negative Erfahrungen mit den Eltern gemacht hat, sollte man die Schulleitung bitten, bei dem Gespräch dabei zu sein.

  • Falls die Eltern nicht gut Deutsch verstehen, macht es mehr Sinn einen Übersetzer einzusetzen. Es passiert schneller als man denkt, dass Eltern etwas falsch verstehen und sogleich in die Defensive gehen.

  • Man soll nie vergessen, dass die Eltern ihr Kind eigentlich über alles lieben und nur das Beste für das Kind wollen, wie auch wir Lehrpersonen. Diesen Satz kann man sehr gut hin und wieder platzieren.

  • Immer Notizen und Unterlagen der Kinder zum Gespräch mitnehmen, um den Eltern gleich ein Beispiel zu geben.

Das Fachbücher von Auer Verlag «Das Elterngespräch in der Schule» und «Schwierige Elterngespräche erfolgreich meistern» ist zur Vorbereitung auch sehr zu empfehlen.


Meldet euch bei uns und wir geben, so gut wir können direkte Vorschläge.


Ansonsten wünschen wir euch spannende und konstruktive Elterngespräche

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